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Die erfolglose Instandsetzung der Brücke “Puente Belice”

Die Brücke "Puente Belice“ war bei ihrer Errichtung im Jahr 1958 die längste Brücke Mittelamerikas. Heute ist sie die wichtigste Verbindung zwischen dem Zentrum und den östlichen Zonen der Hauptstadt Guatemalas. In den letzten Jahren hat sich der Straßenverkehr auf der Brücke erheblich erhöht. Es liegen Indizien vor, dass die Verbundbrücke nicht mehr standsicher ist. Seit Jahren gelingt dem guatemaltekischen Ministerium für Verkehr und Infrastruktur keine Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“. Offensichtlich ist dieses Projekt eine Nummer zu groß für das Ministerium. Eine dubiose Ausschreibung zur Instandsetzung der Brücke und ein unverhältnismäßig hohes Angebot dazu, das die wesentlichen Bauleistungen für die Instandsetzung nicht enthält, stellen die Legitimität des Bauvorhabens des Ministeriums in Frage.

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Puente Belice.

Foto: Rocío Conde

Das guatemaltekische Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hat im August diesen Jahres einige Leistungen zur Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ öffentlich ausgeschrieben. Nach einer technischen Analyse der Ausschreibungsunterlagen wird deutlich, dass die Ausschreibung weder eine ausreichende Planung, noch die erforderlichen Bauleistungen zur Instandsetzung der Brücke enthält. Die Ausschreibung berücksichtigt lediglich einige Bauleistungen im Rahmen der Instandhaltung, den Vorentwurf zur (künftigen) Instandsetzung der Brücke und die Umsetzung eines Monitoring-Systems. Aber warum schreibt das Ministerium Instandhaltung, Vorentwurf und Monitoring zusammen aus und nennt das "Instandsetzung“? Es soll der Eindruck erweckt werden, dass mit der Instandsetzung der Brücke bereits begonnen wurde. Die Zusammensetzung von Instandhaltung, Planung und Monitoring in einem Paket ist nicht sinnvoll. Warum sollten die Instandhaltung und das Monitoring vor der Instandsetzung stattfinden? Darüber hinaus werden die Leistungen für den Vorentwurf nicht spezifiziert. Lediglich die Entnahme von Proben aus dem Bauwerk wurde in der Ausschreibung erwähnt. In Guatemala gibt es keine offizielle Richtlinie zur Planung von öffentlichen Infrastrukturprojekten. Was meinte das Ministerium mit "Vorentwurf“? Die Leistungen dafür ließen sich in der Ausschreibung von den Anbietern frei interpretieren. Letztendlich wurde ein einziges Angebot in Höhe von 5,1 Mio Euro vorgelegt, das die strukturelle Instandsetzung der Brücke nicht enthält. Ist dem Ministerium bewusst, wie ein solches Projekt abläuft?

Das etablierte System im Ministerium stellt das größte Problem dar. Die Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ kann innerhalb einer Regierungsperiode (4 Jahre) nicht vollständig abgeschlossen werden. Wenn ein neuer Minister das Amt übernimmt und die laufenden Projekte des vorherigen Ministers plötzlich stoppt, weil er die Interessen der neuen Regierung priorisiert, ist ein komplexes Projekt wie die Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ nicht realisierbar. Darüber hinaus sieht das Ministerium die Erfordernis einer detaillierten, genauen und vollständigen Planung vor der Bauausführung nicht ein. Alle Leistungen sollen in einem Paket ausgeschrieben werden: von der Ausführung (inkl. einer prekären Planung) bis zur Inbetriebnahme. Solche Ausschreibungen werden vom Ministerium seit Jahren bevorzugt, weil die Kontrolle der Projekte zugunsten der etablierten Korruption verloren geht. Da ein Bauunternehmen sowohl mit der Planung, als auch mit der Ausführung beauftragt wird, übergibt das Ministerium die komplette Verantwortung an das Bauunternehmen. Wie kann das Ministerium prüfen, ob der Vorentwurf des Bauunternehmens die technisch und ökonomisch günstigste Variante ist, wenn vorher keine unabhängige Vorplanung erstellt wurde? In der Regel strebt das Bauunternehmen die Ausführung der teuersten Variante an, um seinen Umsatz dementsprechend zu erhöhen. Mit einer strikten Trennung zwischen Planung und Ausführung könnte dieses Konfliktinteresse vermieden werden.

Das Ministerium hätte nicht die Leistungen zu Instandhaltung, Planung und Monitoring in einem einzelnen Paket ausschreiben dürfen. Darüber hinaus scheint ein Betrag von 5,1 Mio Euro für die Erbringung dieser Leistungen zu hoch. Wie prüfte das Ministerium die Verhältnismäßigkeit des Angebots zu den ausgeschriebenen Leistungen? Die Methodik zur Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ ist nicht schlüssig. Anhand der vorliegenden Indizien, dass die Standsicherheit der Brücke nicht mehr gewährleistet ist, hätte das Ministerium sowohl die Entnahme von Proben aus dem Bauwerk zur Ermittlung der Materialfestigkeiten als auch die Nachrechnung des Tragwerks in einer ersten Ausschreibung beauftragen sollen. Diese beiden Leistungen hätten keine 5,1 Mio Euro gekostet! Erst mit den Ergebnissen der Nachrechnung lässt sich die aktuelle Ausnutzung des Tragwerks ermitteln, d. h. das Überlastungsniveau der Brücke infolge der auftretenden Einwirkungen. Die Erfordernis der Instandsetzung lässt sich erst bestätigen, wenn der genaue Zustand des Tragwerks bekannt ist. Erst nach Feststellung der Mängel am Bauwerk hätte das Ministerium die Vorplanung zur Instandsetzung der Brücke ausschreiben sollen. Diese Leistungsphase müsste in der Ausschreibung in ausreichender Tiefe spezifiziert werden (Angaben zu den Plänen, Kostenschätzung, Umweltplanung, Vorabstimmungen mit den Träger der öffentlichen Belange, usw.). Darüber hinaus sollte die Ermittlung der Planungskosten prozentual zu den eingeschätzten Baukosten erfolgen. Auf der Grundlage von klaren und spezifischen Vorgaben in der Ausschreibung wird der freie und faire Markt gefördert und ein klares Zeichen gegen Korruption gesetzt.

In der Vorplanung werden mehrere Alternativen für die Ausführung bzgl. technischer, ökonomischer und sozialer Aspekte untersucht. In dieser Leistungsphase sollen alle Alternativen zur Vermeidung und Minderung nachteiliger Auswirkungen auf die Umwelt und insbesondere auf das Schutzgut Mensch berücksichtigt werden. Bei der Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ spielt das Schutzgut Mensch eine sehr wichtige Rolle, da einige Familien unter der Brücke leben. Die untersuchten Alternativen sollen den Betroffenen in einem Erörterungstermin präsentiert werden, in dem die Regierung begleitend teilnimmt. An diesem Termin können die Betroffene Einwendungen und Stellungnahmen zum Bauvorhaben abgeben und im Planungsprozess berücksichtigt werden. Die Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ kann nicht durchgeführt werden, solange nicht festgestellt wird, was mit den Familien unter der Brücke während und nach der Bauausführung passiert. Die Regierung Guatemalas ist verpflichtet, den Betroffenen vernünftige Lösungen zum Wohl der Allgemeinheit anzubieten. Wenn in der Vorplanung Risiken für die Familien unter der Brücke ermittelt werden, die nicht beherrschbar sind, bleibt nur die Verhandlung mit den Betroffenen als einzige Option übrig. Nach Abschluss der Vorplanung sind sowohl die Vorzugsvariante als auch die Baukosten bekannt. Anhand dieser Information hätte das Ministerium eine dritte Ausschreibung mit dem Entwurf zur Instandsetzung der Brücke vorbereiten können. Die Planungskosten für den Entwurf stellen ebenfalls einen prozentualen Anteil der eingeschätzten Baukosten dar. Das Ministerium hat mit seiner Ausschreibung unbewusst auf die Beschränkung und Kontrolle der (Planungs-)kosten verzichtet.

Mit dem Entwurf werden die Bautechnologie, die Kosten, die Pläne, der Bauablauf und die Umweltverträglichkeitsstudien in einem tieferen Detaillierungsgrad erstellt. Darüber hinaus werden die Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung nachteiliger Auswirkungen auf die Umwelt während und nach der Bauausführung definiert. Das Einvernehmen mit den Betroffenen wird hergestellt. Nach Abschluss dieser Planungsphase steht ein Konzept zur Instandsetzung der Brücke fest: was wird gemacht, wie wird es gemacht, wie lange dauert es und wie viel kostet es. Diese relevanten Informationen waren und sind immer noch dem Ministerium vor der Ausschreibung zur Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ unbekannt. Die letzte Planungsphase ist die Ausführungsplanung. Sowohl die prüfbare Ausführungsstatik, als auch die Schalungs- und Bewehrungspläne werden erstellt. Die Ausführungsunterlagen werden von der Aufsichtsbehörde geprüft und freigegeben. Ein geregelter Prozess zur Prüfung und Freigabe von Ausführungsunterlagen gibt es in Guatemala nicht. Um die fachtechnische Prüfung durchführen zu können, bräuchte das Ministerium qualifiziertes Personal und entsprechende Ausstattung (z. B. Software). Die aus den Ausführungsunterlagen ermittelten Mengen stellen die Grundlage für die Ausschreibung der Bauausführung dar. Die Planung von Infrastrukturprojekten ist ein komplexer und unentbehrlicher Prozess, die unbedingt vor der Ausschreibung der Bauausführung stattfinden muss und nicht als zusätzliche Leistung im Rahmen der Ausführung ausgeschrieben wird. Dieser Prozess kann abhängig von der Komplexität des Bauvorhabens Jahre dauern. Dennoch bietet eine ordentliche Planung Gewissheit über die Eignung der Vorzugsvariante und über die Plausibilität der ermittelten Baukosten, da diese im ganzen Planungsprozess überprüft wird. So wird Korruption bei Bauprojekten vermieden.

Darüber hinaus wird der internationale Charakter der Ausschreibungen des Ministeriums in Frage gestellt, wenn der freie Zugang zur Webseite der Ausschreibungen (Guatecompras) in bestimmten Ländern (z. B. Deutschland) blockiert ist und die Abgabe von Angeboten ausschließlich in Papierform erfolgen darf. Solche Hindernisse für Anbieter bestimmter Länder in einer internationalen Ausschreibung sind Indizien für Korruption. Somit können nur regionale Bauunternehmen an der Ausschreibung teilnehmen. Warum wird die Ausschreibung als international eingestuft, wenn Anbieter bestimmter Länder keinen Zugang zur Ausschreibung bzw. keine Möglichkeit zur Abgabe eines Angebots haben? Wie kann eine Firma ein Angebot erstellen, wenn die ausgeschriebenen Leistungen zu Instandhaltung, Planung und Monitoring so unklar und unspezifisch sind? Aus diesen Gründen hat kein Anbieter Interesse an der ersten Ausschreibung geäußert und so wurde nur ein Angebot in der zweiten Runde eingereicht.

Die Prognose ist ungünstig: die Brücke "Puente Belice“ wird mittelfristig nicht instand gesetzt. Da die Planungsphasen völlig ignoriert wurden und stattdessen eine defizitäre Planung als zusätzliche Leistung im Rahmen der Instandhaltung und Monitoring ausgeschrieben wurde, ist die ordnungsgemäße Überprüfung der auszuführenden Variante und deren Kosten kaum möglich. Wenn die Regierung kein Interesse daran hat, die Rechte der Familien unter der Brücke zu schützen, wird es Konflikte und Gewalt geben. Die Herangehensweise des Ministeriums zur Instandsetzung der Brücke "Puente Belice“ ist katastrophal. All dies hätte vermieden werden müssen.

Das Ministerium nimmt seine Aufgaben als Aufsichtsbehörde nicht wahr, was einen sehr hohen Preis für Guatemala hat. Die Planung sollte anhand von Richtlinien geregelt werden. Es muss klare Prozesse geben. Der freie Markt sollte gefördert werden. Die konsequente Handlung und Haltung gegen die Korruption sind unentbehrlich. So besteht immer noch in vielen Feldern dringender Verbesserungsbedarf.

Gustavo Cosenza
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Ingeniero estructural con especialización en riesgos y fenómenos naturales. Se dedica desde hace casi una década a la revisión estructural de puentes y a la planificación de proyectos de infraestructura ferroviaria en Alemania


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